Beim therapeutischen Reiten steht das Pferd als Motivationspartner und aktiviert den Menschen über sich hinaus zu wachsen und seine Fähigkeiten zu stabilisieren.
Die Begegnung mit dem Pferd spricht alle Sinne an. Sie wirkt sich körperlich und geistig sowie sozial und emotional aus. Gerade Menschen mit besonderen Bedürfnissen profitieren von der ausgeglichenen und entwicklungsfördernden Wirkung des Therapeutischen Reitens.
Mögliche Förderbereiche, die gezielt angesprochen werden:
1. Körperliche Förderung
- Körperbewusstsein verbessern
- Grob- und Feinmotorik verbessern
- Aufbau von Kondition
- Gleichgewichtsschulung
- Koordination und Beweglichkeit fördern
- Muskelkräftigung, Rumpfstabilisierung
- Entspannung und Muskellockerung
- Sensorische Integration
- Muskeltonus regulieren
2. Geistige Förderung
- Konzentration fördern
- Aufmerksamkeit erhöhen
- Lernfähigkeit verbessern
- Merkfähigkeit ausbauen
- Selbstorganisation lernen
- Wahrnehmungsfähigkeit fördern
- Abstraktionsvermögen erlernen
- Begriffsbildung, Sprache fördern
- Neues erlernen
3. Emotionale Förderung
- Selbstbestimmung
- Aufbau von Vertrauen
- Motivationssteigerung
- Selbstwirksamkeit erfahren
- Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen aufbauen und verbessern
- Positive Kontrollerfahrung
- Steigerung der Frustrationstoleranz
- Nachempfinden von Regression
4. Soziale Förderung
- Beziehungen erfahren
- Selbstständigkeit entwickeln
- Verbesserung der Kommunikation
- Übernahme von Verantwortung
- Kontakt- und Konfliktfähigkeit verbessern
- Aufbau sozialer Kompetenzen
- Selbsteinschätzung schulen
- Achtsamer Umgang mit sich und anderen
Für wen ist die Reittherapie geeignet?
Die therapeutische Arbeit mit dem Pferd ist bei einer Vielzahl von Belangen in Erwägung zu ziehen. Für körperliche und/oder geistig behinderte Menschen ist diese Therapieform ebenso geeignet, wie für verhaltensauffällige, entwicklungsverzögerte oder psychisch erkrankte KlientInnen. Manchmal braucht der Mensch eine Auszeit vom schnelllebigen Alltag und möchte mit einem Tier in Kontakt treten, es umsorgen und sich tragen lassen, ohne dass er in irgendeiner Form bewertet wird – auch für so ein Anliegen ist die pferdegestützte Therapie offen. In jedem Fall erfolgt vor der ersten Einheit mit Pferdekontakt ein Anamnesegespräch, in dem alle offenen Fragen und die mögliche Vorgehensweise gemeinsam besprochen werden. In manchen Fällen bitte ich um eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung. Sollten Sie sich bezüglich der Indikation unsicher sein, so sprechen Sie mich gern an!
Für wen ist die Reittherapie NICHT geeignet?
Generell muss bei Kindern unter vier Jahren darauf geachtet werden, dass die Wirbelsäule und die Hüftgelenke ohne pathologischen Befund sind, sodass in jedem Fall eine fachliche Beurteilung im Vorfeld empfohlen wird.
Beispiele:
- nicht kompensierte Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Implantierte Herzdefibrillatoren
- nicht kompensierte Lungenerkrankungen
- extreme Allergien gegen Pferdehaare / Staub
- Dekubiti
- akute entzündliche Prozesse mit Fieber
- akute Schübe einer chronischen Erkrankung wie z.B. Multiple Sklerose
Gibt es ein Mindest- oder ein Höchstalter?
Alle Kinder sind verschieden und variieren in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung. Ich biete Reittherapie sowohl für Säuglinge im Bereich der Frühförderung als auch ab einem Alter von 3-4 Jahren an und entscheide dann individuell von Fall zu Fall. Nach oben hin sind altersmäßig keine Grenzen gesetzt. Ich verfüge über eine Aufstiegshilfe, durch die die KlientInnen über eine Treppe auf das Pferd steigen können. Rollstuhl oder Rollator stellen kein Problem dar – in diesen Fällen arbeite ich vom Boden aus mit dem Pferd oder hebe die KlientInnen mit einer Assistenzperson aufs Pferd. Über einen Hebelift verfüge ich nicht.
Dürfen Eltern bei der Therapie zusehen?
Eltern, Geschwister und andere Begleitpersonen werden gebeten, für die Zeit der Therapie das Grundstück zu verlassen oder zumindest außer Sichtweite zu gehen. Hintergrund ist die Minimierung der Ablenkung für die Kinder, damit diese sich vollständig auf das Setting einlassen können. Selbstverständlich können wir dies bei kleineren Kindern in den ersten ein bis zwei Stunden schrittweise erarbeiten.
Gibt es ein Maximalgewicht, das die Pferde tragen können?
Da ich mit jungen Pferden und kleinen Ponys arbeite, liegt das Maximalgewicht für KlientInnen bei ca. 70 kg. Es spricht aber nichts dagegen, ausschließlich vom Boden aus mit dem Pferd zu arbeiten.
Lernt man in der Reittherapie reiten?
Nein. Zweck der Reittherapie ist nicht der Erwerb reiterlicher Fähigkeiten. Beim therapeutischen Reiten geht es nicht um die reitsportliche Ausbildung, sondern um die positive Beeinflussung des Pferdes auf die körperliche, seelische und geistige Entwicklung. Im Fokus steht der Umgang mit dem Medium Pferd, das Getragen werden auf dem Pferderücken. Treffender für meine Arbeit ist der Begriff der pferdegestützten Interventionen, womit die gesamte Arbeit mit dem Pferd im therapeutischen Kontext gemeint ist.
Meine KlientInnen erlernen (je nach kognitiven und körperlichen Gegebenheiten) den grundlegenden Umgang mit dem Pferd, das Lesen der nonverbalen Pferdesprache, das Versorgen und letztlich auch das Sitzen auf dem Rücken. Es ist ein häufiger Nebeneffekt, dass erste reiterliche Fähigkeiten erworben werden, aber nicht das erklärte Ziel. Nicht jede Therapiestunde findet auf dem Pferd statt.
Was lernt man dann?
Ich arbeite ressourcenorientiert. Das bedeutet, dass ich mich nicht auf die jeweilige Symptomatik, sondern auf die Stärken eines/r KlientIn konzentriere, um ihn über die Zeit einer Therapiestunde hinaus für den Alltag zu festigen und die Selbstheilungskräfte des Körpers zu unterstützen. Der Umgang mit Pferden ist förderlich für die Entwicklung von Eigenverantwortlichkeit, Verselbstständigung, Beziehungsaufbau, Abgrenzungsvermögen, Selbstreflektion, Impulskontrolle und Verantwortungsbewusstsein, um nur einige Punkte zu nennen. Zudem fördert die dreidimensionale Bewegung, der der Reiter auf dem Pferd ausgesetzt ist, die Stabilisierung des Rumpf- und Stützapparats sowie eine gezielte Regulierung des Muskeltonus, was vor allem KlientInnen mit Spastiken zugutekommt.
Die Anlage hat keine Reithalle. Fällt die Therapie bei schlechtem Wetter aus?
Nein. Die Therapiestunden finden bewusst bei jedem Wetter und das ganze Jahr über statt, um witterungsunabhängig in Bewegung zu bleiben, flexible Lösungen zu erlernen und ein Verantwortungsbewusstsein dem Tier gegenüber zu entwickeln, das unabhängig von äußeren Faktoren immer Bestand hat. Leichtem Regen trotzen die meisten BesucherInnen mit der richtigen Kleidung. Bei Regengüssen findet das Programm abgewandelt in unserem Zirkuswagen statt, wo wir theoretische Inhalte über Pferde erlernen oder etwas themenbezogenes Basteln können. Wenn es im Sommer zu heiß wird, ziehen wir uns in den Schatten zurück oder erfreuen uns an Wasserspielen.
In welchen Abständen finden die Therapiestunden statt?
Über Häufigkeit und Turnus der Therapieeinheiten entscheiden meine KlientInnen selbst. Ich empfehle jedoch eine Regelmäßigkeit einer Sitzung pro Woche.
Was muss mitgebracht werden?
Die KlientInnen müssen für die Arbeit am Pferd zwingend festes geschlossenes Schuhwerk tragen, auch im Sommer. Im Winter ist bitte darauf zu achten, die Kinder warm anzuziehen und enge Mützen und Handschuhe mitzugeben.